Ein Netzwerk also, das ausschließlich für die Themen rund um Ernährung, Gesundheit und Wohlbefinden zuständig ist? Ganz genau. Eine umfassende Aufgabe, an der in Deutschland 18 Mitglieder des NHW-Netzwerks sowie viele andere Experten aus verschiedensten Unternehmensbereichen zusammenarbeiten. Mit dabei ist Dr. Annette Neubert. Sie hat das Netzwerk mit ins Leben gerufen und ist schon seit Beginn dabei. Die Ziele des Teams bringt sie mit einem Satz auf den Punkt: „Wir wollen den Konsumenten dabei unterstützen, einen gesünderen Lebensstil zu führen und auf eine ausgewogene Ernährung zu achten.“
Seit über 17 Jahren ist die promovierte Ökotrophologin bei Nestlé als Expertin für ausgewogene Ernährung zuständig. Die Mitglieder des NHW-Netzwerks beschäftigen sich mit der Umsetzung der aktuell 15 Zielsetzungen im Bereich Ernährung, die Nestlé weltweit umsetzen möchte. Sie wollen durch Angebote und Informationen zu einem gesunden Lebensstil inspirieren – und bieten dazu noch schmackhaftere und gesündere Produkte an. Dr. Annette Neubert nimmt daher gemeinsam mit ihren Kollegen die unterschiedlichen Nestlé-Produkte unter die Lupe, unter anderem mit Hilfe der Kriterien des Nestlé Nutritional Profiling Systems. Gemeinsam wird beispielsweise überlegt: „Was können wir verbessern?“ Eine Frage, die verschiedener Blickwinkel bedarf, und deshalb ist man breit aufgestellt: „In jedem Geschäftsbereich sitzt ein Mitglied aus unserem Netzwerk.“ Von Maggi bis Wagner, von After Eight bis Fitness Cerealien: Die Ernährungsprofis haben die komplette Produktpalette im Blick.
Einfach überall 15 % reduzieren?
Gemeinsam verringern sie den Anteil von Zucker, Salz oder gesättigte Fettsäuren – auch Reformulierung genannt. Aber ist das so kompliziert? Kann man nicht einfach überall 15 % Zucker oder Salz weglassen? Einfache Antwort: Auf gar keinen Fall. Schließlich sind die aufeinander abgestimmten Zutaten die Basis für einen bestimmten Geschmack, eine typische Konsistenz und eine einzigartige Textur. Wird auch nur ein Bestandteil der Rezeptur verändert, also beispielsweise Zucker reduziert, verändert sich das gesamte Produkt. Und genau das ist die Herausforderung. Schließlich sollen Cini Minis weiterhin so knusprig bleiben – und wer möchte beim Biss in den KitKat-Riegel die schokoladige Süße missen? Daher braucht es eine Lösung, die zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: Zum einen gilt es, die besonderen Eigenschaften eines Produktes zu bewahren. Zum anderen sollen die Anteile von Salz, Fett und Zucker in den Produkten deutlich verringert werden. Bei den unzähligen Produkten von Nestlé gibt es da immer etwas zu tun.
Herausforderung Schokolade
Gerade das Beispiel Schokolade zeigt ganz anschaulich, wie komplex die Überarbeitung von Produkten ist.
Schokolade ist nur Schokolade, wenn sie eine bestimmte Zusammensetzung hat, also einen gewissen Anteil an Kakao und Kakaobutter enthält. Einfach Fett weglassen, geht also nicht.Dr. Annette Neubert
Zusammen mit den Produktentwicklern wird die Rezeptur genau betrachtet und eine Strategie entworfen: Nehmen wir mal die Zuckerreduktion am Beispiel von KitKat: Dafür benötigen wir die Ernährungsexpertise aus meinem Team. Jedem Geschäftsbereich ist eine ernährungsfachliche Kraft, ein sogenannter Nutritionist, aus meinem Team zugeordnet. Außerdem gibt es in jedem Geschäftsbereich zusätzlich einen NHW-Verantwortlichen, mit dem wir eng zusammen arbeiten.
Die entscheidende Rolle spielt aber der technische Produktverantwortliche. Denn wir arbeiten nicht direkt am Produkt, sondern sind in der beratenden Rolle, umgesetzt wird das dann von der Applikationsgruppe.“ Fehlt nur noch das Probenaschen: Die KitKat-Crew beurteilt so lange die veränderten Rezepturen, bis die neue Variante marktreif ist. Im letzten Schritt entscheiden testessende Konsumenten, ob das Experiment „gleicher Genuss, bei vermindertem Gehalt an zugesetztem Zucker“ funktioniert hat.
Ähnlich läuft die Reformulierung beim Thema Salz ab – zum Beispiel bei der Original Steinofen Pizza von Wagner. Der Konsument hat eine genaue Vorstellung davon, wie die Pizza schmecken muss, wenn sie aus dem Ofen kommt, auch mit reduziertem Salzgehalt. Also wird experimentiert: Wie bekomme ich den beliebten Geschmack auch mit reduziertem Salzgehalt hin? Da Salz den Teig aber auch so schön knusprig macht, braucht es Kreativität und Erfahrung. Einsatz für die Produktentwickler im Werk in Nonnweiler.
In ihrer Versuchsküche erstellen sie Prototypen. In gemeinsamen Verkostungen wird so lange an dem Produkt gefeilt, bis es trotz veränderter Rezeptur auch dem Gaumen des kritischsten Tiefkühlpizza-Traditionalisten mundet.
Besondere Herausforderung: Produkte für die Gastronomie
Das NHW-Netzwerk hat bei der Überarbeitung von Produkten jedoch nicht nur Salz, Zucker und gesättigte Fettsäuren im Auge. Je nach Produktbereich gibt es spezielle Themen. Im Außer-Haus-Bereich werden beispielsweise Produkte gewünscht, die keine deklarationspflichtigen Zusatzstoffe enthalten, da diese sonst auf der Speisekarte des Restaurants angegeben werden müssten.
Das NHW-Netzwerk ist aber nicht ausschließlich mit der Reformulierung der Produkte beschäftigt. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Aufklärung über eine ausgewogene Ernährung. Und die findet auf vielen Ebenen statt.
Wir arbeiten daran, Salz, Zucker und gesättigte Fettsäuren in unseren Produkten zu reduzieren. Außerdem wollen wir Ernährungsinformationen auf den Verpackungen noch transparenter machen.Dr. Annette Neubert
Das NHW-Netzwerk beschäftigt sich daher auch mit der Frage, wie Verbraucher durch Informationen auf den Verpackungen bei einer ausgewogenen Ernährung unterstützt werden können. „Wir wollen beispielsweise möglichst umfassende Nährwertangaben auf der Packung machen und dem Verbraucher so die wichtigen Ernährungsinformationen bieten, um die Entscheidung für die richtige Produktauswahl zu erleichtern. Dafür nutzen wir unser Netzwerk: um das Thema hochzuhalten, voranzutreiben.“
Das NHW-Netzwerk in Deutschland steht im engen Austausch mit anderen Nestlé-Experten. Es arbeitet beispielsweise eng mit dem Nestlé Forschungszentrum und dem Nestlé Institut of Health Science in Lausanne zusammen: „Wir tauschen uns viel mit den internationalen Kollegen aus und schauen, was deren Forschungsprojekte konkret für uns bedeuten. Daraus entwickeln wir dann unsere Ideen.“
Die Frankfurter NHW-Kollegen treffen sich alle paar Wochen. „Bei diesen Meetings legen wir Themen für die Zukunft fest und kümmern uns gemeinsam um übergreifende Fragestellungen.“
Ein Blick auf die aktuellen Ernährungstrends
Eine solche Frage ist etwa der Umgang mit Foodtrends. Immer wieder erobern neue Ernährungsthemen und Lebensmittel den Markt. Scheinbar monatlich taucht ein neues Superfood auf: Kokosöl, Chiasamen, Goji- oder Acai-Beeren – alle gelten kurzzeitig als universelle Schlüssel für die perfekte Ernährung. Die Mitglieder des NHW-Netzwerks stellen sich dann die Frage: Ist der Hype begründet? Gemeinsam bewertet das Team dann, ob der Trend Potenzial für die Produktentwicklung und -optimierung hat.
Und was wird demnächst den Markt bewegen, Frau Neubert? Einen Profitipp bitte. Als Wissenschaftlerin scheut sich Annette Neubert vor dem Blick in die Glaskugel. Eine allgemeinere Prognose gibt sie aber doch ab – die Abläufe innerhalb der Lieferketten werden weiter an Relevanz gewinnen: „Ich denke, dass das Thema Transparenz immer wichtiger wird. Der Verbraucher möchte fast schon die Kuh kennenlernen, die ihn mit Milch versorgt.“ Transparenz von der Kuh bis zum fertigen Produkt sozusagen. Und natürlich wachsende Qualitätsansprüche. Das alles erfordert eine sachliche Herangehensweise und die Zusammenarbeit im interdisziplinären Team.
23. Februar 2018
Was ist das NHW-Netzwerk?
Wir möchten die Verbraucher bei einem gesunden Leben unterstützen. Dazu gehören unter anderem auch die Verbesserung unserer Produkte in Bezug auf den Zucker-, Salz- und Fettgehalt. Um alle Lebensmittel und Marken unter einen Hut zu bekommen, wurde das NHW-Netzwerk gegründet. Das ist eine Art Experten-Gremium, das sich für Ernährung, Gesundheit und Wohlbefinden (Nutrition, Health and Wellness) einsetzt.
[1] Salz, Zucker, Fett: Warum weniger mehr ist
[2] Das Salz in der (Profi-)Suppe: Wie Gastronomie-Produkte mit weniger mehr können
[3] Alles eine Frage der Organisation: Salzreduktion bei Wagner
[4] Weniger Zucker, gleicher Genuss: So bleibt die Schokolade in Form
[5] Claudia Jungmann – Organisatorin mit einer Mission