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Auf den Tomatenfeldern in der Extremadura
In Deutschland verzehren wir pro Kopf rund 22 Kilo Tomaten jährlich. Verbraucher finden eine Vielzahl unterschiedlicher Sorten und Anbaugebiete im Angebot. Und haben Bilder im Kopf: Vom Anbau unter Glas oder Plastikfolien, denken an Wasserverbrauch oder illegale Beschäftigung. Gemeinsam mit Nestlé-Mitarbeitern hat sich Georg Abel von der VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. in einem der Hauptanbaugebiete umgesehen. Ein Gastbeitrag.
Ob Paste, Ketchup oder Pizza – Tomaten sind Bestandteil vieler verarbeiteter Produkte. So verwendet Maggi – ein Unternehmen von Nestlé – für seine Produkte eine Vielzahl an Gemüsen und Kräutern. Unter den 21 wichtigsten macht die Tomate das größte Volumen aus. Sicherlich ist das ein Grund, sich mit einem nachhaltige(re)n Anbau zu beschäftigen. Dafür ausgewählt wurde die Region Badajoz im Grenzgebiet zu Portugal. Hier fand im vergangenen Jahr ein Workshop mit Landwirten, Lieferanten, Nestlé und der spanischen Nichtregierungsorganisation Fundación Global Nature (FGN) statt.
Das Interesse war groß, die Probleme bei einer Umsetzung auch: So konkurrieren in einem globalen Markt nachhaltige und nicht nachhaltige Produkte, es gibt administrative Herausforderungen und es bleibt die Frage, honoriert der Verbraucher derartiges Engagement. Gefragt war eine Gesamtstrategie, zu der notwendige Trainings der Bauern, mehrjährige Lieferverträge und eine verbesserte Verbraucherkommunikation gehören. Mittlerweile gibt es die ersten Pilotfarmen. Monatlich tauschen sich die Akteure – die FGN als Berater, CONESA als Weiterverarbeiter und Nestlé als Abnehmer – aus.

Mit LKW werden Tomaten beim Weiterverarbeiter CONESA angeliefert.
Mit 37 Grad im Schatten ist es heiß in der Extremadura. Schwer vorstellbar, dass in diesem Klima Tomatenanbau betrieben werden kann. Doch es funktioniert: Die Setzlinge stammen aus eigener Aufzucht. Die Bodenqualität wird im CONESA-Labor genau untersucht und unter anderem durch das Unterpflügen des Grünkrauts nach der Ernte verbessert. Das Wasser geht durch unterirdische Tröpfchenbewässerung direkt an die Wurzel und zwischen den Tomatenpflanzen wächst allerlei anderes Gewächs. Das Führen von Feldbüchern und wöchentliche Kontrollen der Insektenfallen sind weitere verbindliche Bausteine.
Insgesamt fallen der hohe technische Aufwand, die konsequente Rückverfolgbarkeit und das exakte Timing auf. Die geernteten Früchte werden per Lastwagen – die Tomaten haben eine dickere Schale und enthalten weniger Wasser als die Supermarkttomaten – in die Fabrik von CONESA gebracht. Die ist während der Ernte rund um die Uhr im Betrieb und kann auf diverse Zertifikate wie ISO, Bio/Organic etc. verweisen. Hier gibt es erheblichen Wassereinsatz, zum Beispiel für das Reinigen der Tomaten. Das verbrauchte Wasser wird – auch im Außenbereich – gesammelt, in 8-Millionen-Liter-Tanks aufbereitet und zu 85 Prozent erneut genutzt. Die Beschäftigten kommen aus der Region, illegale Einwanderer wie in anderen Teilen Spaniens sind hier nicht zu finden.
„Die Landwirte haben erkannt, dass sie den Umweltschutz weiter verbessern können“

In großen Waschanlagen werden die Tomaten für die Weiterverarbeitung vorbereitet.
Einer der Arbeitsschwerpunkte der spanischen Fundación Global Nature (FGN) ist der Tomatenanbau in der Extremadura. Georg Abel sprach mit FGN-Direktor Eduardo de Miguel.
Was sind die Hauptaufgaben von FGN in Spanien?
FGN ist eine private Umweltstiftung, die vor 22 Jahren mit zwei Arbeitsschwerpunkten gegründet wurde: zum einem die Renaturierung sowie die Erhaltung der aquatischen Ökosysteme und zum anderen die nachhaltige Landwirtschaft und der Schutz der Kulturlandschaften. Weiterhin engagiert sich die Stiftung in der Umweltbildung und realisiert Projekte zur nachhaltigen Entwicklung in Entwicklungs- und Schwellenländern. FGN ist eine der wenigen spanischen NGOs, die in der Landwirtschaft arbeiten. Aus unserer Sicht ist dieses Handlungsfeld prioritär, weil ein bedeutender Teil der Flächen in Spanien landwirtschaftlich genutzt werden, die Landwirtschaft für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes sehr wichtig ist und ein Großteil der biologischen Vielfalt, einschließlich vieler bedrohter Tier- und Pflanzenarten, abhängig ist von den Lebensräumen, die durch die extensive Landwirtschaft geschaffen wurden.
Wie wichtig ist die Kooperation mit anderen Stakeholdern (Landwirten, Unternehmen) in diesem Kontext?
FGN ist Gründer von und Partner in verschiedenen NGO-Netzwerken: das Internationale Living Lakes-Netzwerk zum Schutz von Seen und Feuchtgebieten, der Nationale Verband der Naturschutzstiftungen, das Forum der spanischen Land Stewardship Initiativen etc. FGN arbeitet bei den meisten Projekten mit Partnern aus verschiedenen europäischen Ländern. 2010 schloss sich FGN mit anderen Organisationen in Europa zur European Business and Biodiversity Kampagne zusammen, die vom Global Nature Fund koordiniert wird. Aus dieser Kampagne entstand die spanische Business and Biodiversity Initiative (Empresa y Biodiversidad), an der sich FGN sehr engagiert beteiligt.
Wie wichtig ist die Tomatenindustrie für die Extremadura?

Maggi-Mitarbeiter testen verschiedene Tomatenprodukte.
Der Tomatenanbau ist extrem wichtig für die Extremadura. Die Implementierung des sogenannten Badajoz-Plan vor 50 Jahren war eine radikale Veränderung für diese Region, die jetzt 75 Prozent der Tomaten in Spanien produziert. Damals wurde die Infrastruktur für die Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen mit dem Wasser des Flusses Guadiana eingerichtet. Heute ist der Tomatensektor der Wirtschaftsmotor der Region und die Exporte übersteigen mehr als 250 Millionen Euro im Jahr. Es wird geschätzt, dass die Industrie jährlich etwa 10.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze schafft.
Wie schätzen Sie den Tomatenanbau in der Extremadura im Vergleich zu anderen Regionen ein?
Die industrielle Tomate – welche in Badajoz und in geringerem Umfang auch in anderen Gebieten Spaniens angebaut wird – unterscheidet sich von der Salat-Tomate dadurch, dass sie nur einmal im Jahr geerntet wird, während bei der Salat-Tomate mehrere Ernten stattfinden. Es besteht keine Notwendigkeit in Gewächshäusern anzubauen. Die Anbauflächen sind wesentlich größer und die Tomate steht in der Fruchtfolge mit anderen Kulturen (Getreide, Reis, Gemüse etc.). Die Tomaten werden verarbeitet, das schafft mehr und dauerhafte Arbeitsplätze und eine höhere Wertschöpfung. Die Industrie-Tomate ist ein delikates Produkt und anspruchsvoll aus landwirtschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht. Die Investitionen, um einen Hektar Tomaten anzubauen, sind hoch und nicht jeder Landwirt kann Industrie-Tomaten anbauen. Die Industrie-Tomate ist die wichtigste Zutat für die meisten Lebensmittelhersteller und ihre kulinarischen Produkte. Es handelt sich um einen Rohstoff, der in fast allen Fertigprodukten vorkommt, bereits zerkleinert, in Form von Saucen, Pulver usw. Damit ist dieses Gemüse fast ausschließlich für die Industrie bestimmt. Dies erfordert viel Koordination sowie die Einhaltung hoher Qualitätsstandards vom Anbau bis zur sekundären Verarbeitung, das heißt dem Einsatz im Endprodukt.
An welchen Aufgaben arbeiten FGN und die Landwirte gemeinsam?

Maggi Deutschland bezieht sonnengereifte Tomaten aus Spanien, Italien und Portugal.
Die FGN arbeitete im Laufe des Jahres 2015 mit 50 Landwirten in der Extremadura (80 Felder und 1.300 Hektar), um die aktuellen Umweltpraktiken zu beurteilen und weitere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt vorzuschlagen. Die Evaluierung ergab, dass die Umweltstandards aufgrund der Anforderungen der Lebensmittelkette bereits hoch sind und sich die Branche dem Umweltschutz verpflichtet fühlt. Aber es gibt immer Verbesserungspotenzial und die Landwirte selbst haben erkannt, dass sie den Umweltschutz weiter verbessern können und wollen dies den Verbrauchern auch demonstrieren.
Welche Rolle spielt CONESA für die Arbeit von FGN (und andersherum)?
CONESA ist einer der größten Verarbeiter von Tomaten in Spanien und in Europa. FGN und CONESA haben eine repräsentative Gruppe von Landwirten ausgewählt, die die gemeinsam ausgewählten neuen Umweltmaßnahmen umsetzen und dokumentieren. Die Ergebnisse werden in ein gemeinsam mit Nestlé erarbeitetes Protokoll einfließen und die Grundlage für die Nestlé Responsible Sourcing Guidelines für Gemüse sein. Damit sind CONESA und die Landwirte Pioniere, die insgesamt die Umweltstandards und damit die Nachhaltigkeit in der Tomatenindustrie verbessern.

Der wahre Wert der Ware
Nestlé hat ein umfassendes Programm für den verantwortungsvollen Einkauf von Rohstoffen und setzt dieses konsequent um. Hohe Anforderungen an Sicherheit und Transparenz stehen dabei im Vordergrund.

Tomaten aus Spanien
Maggi Deutschland bezieht 50.000 Tonnen Tomaten pro Jahr. Dank der Klimabedingungen der Mittelmeerländer gedeihen die sonnengereiften Früchte besonders gut, benötigen aber ein auf die Bodenbedingungen abgestimmtes Anbaukonzept.