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Nestlé Studie: So kocht Deutschland
Das Zeitalter der Digitalisierung verändert unsere Essgewohnheiten: Kreativer Pragmatismus bestimmt den Alltag, alte Traditionen überleben sich zunehmend. Die neue Nestlé-Studie „So kocht Deutschland“ belegt den Wandel.
Das Tablet für die Rezept-Recherche neben dem Herd platziert, den Wok in Stellung gebracht, einen Zutaten-Mix aus frischen und fertigen Produkten zwischen zwei Terminen organisiert – und dann alles gekonnt kombiniert: So geht Kochen heute.
Was schnell auf den Tisch kommt, kann nicht lecker sein? Dieses Klischee widerlegen die Menschen in Deutschland, wie die Nestlé-Studie „So kocht Deutschland“ zeigt. Sie beleuchtet die veränderten Ernährungs- und Kochgewohnheiten im Spannungsfeld zwischen digitalem, zunehmend entstrukturiertem Alltag und fordernder Leistungsgesellschaft. Über 3000 Menschen zwischen Kiel und Konstanz wurden über ihr Koch- und Essverhalten von TNS Infratest im Auftrag von Nestlé befragt, 1000 von ihnen führten dafür eigens ein Kochtagebuch.
Die Deutschen sind „kreative Pragmatiker“
In den deutschen Küchen regiert heute der kreative Pragmatismus: Bei jeder vierten Mahlzeit, die zu Hause zubereitet wird, spielt nämlich Kreativität eine große Rolle (23%). Gegenüber 2008 ist dies mit Abstand der größte Zuwachs, nämlich um 64 Prozent. Was bedeutet das? Die Deutschen geben ihren Gerichten gerne eine persönliche Note, gleichzeitig sind sie aber vorausschauend genug, den Aufwand in der Küche zu begrenzen. Das Ergebnis: Es entsteht ein kluger Kompromiss aus fertigen Lebensmitteln und kreativer Eigenleistung.
Das Attribut „selbst gekocht“ wird dabei freier als früher interpretiert. Ganz besonders deutlich zeigt sich dies bei jüngeren Menschen, den nach 1980 geborenen so genannten „Millennials“. Gerade einmal sieben Prozent von ihnen kochen ausschließlich mit frischen Zutaten. Für 44 Prozent der Millennials gilt eine Mahlzeit auch dann noch als „selbst gekocht“, wenn sie dafür zusätzlich auch Convenience-Produkte verwenden. Damit unterscheiden sie sich signifikant von den „Babyboomern“, den zwischen 1946 und 1964 Geborenen. Bei ihnen sind es nur 39 Prozent. Es verwundert daher nicht, dass Convenience-Produkte besonders bei den Millennials zum Einsatz kommen: 48 Prozent kochen beispielsweise gerne mit Gewürzmischungen für Pasta.
Analoge Auszeit von digitaler Hektik
Die zunehmende Komplexität unseres Lebens lässt uns nach Rückzugsorten suchen. Entsprechend ist das Kochen für die Deutschen auch eine kleine analoge Auszeit im hektischen Alltag. Sozusagen ein „sinnlicher“ Kontrapunkt zum virtuellen Dauer-On im Zeitalter der Touchpads und Smartphones.
Die digitalen Medien helfen den Deutschen, das Kochen zu vereinfachen.Katja Popanda, Leiterin Marktforschung Nestlé Deutschland
Druck und Perfektionsstreben müssen in der Küche allerdings draußen bleiben: „Da der Alltag schon stressig und anspruchsvoll genug ist, wollen besonders die Millennials lieber mit Spaß in der Küche stehen – und das in einem zeitlich überschaubaren Rahmen, der genügend Freiräume schafft für die weiteren Aufgaben des Tages“, erläutert Katja Popanda, Leiterin Marktforschung Nestlé Deutschland.
Im Schnitt benötigen die Deutschen heute nicht mehr als 25 Minuten, um ihre Mahlzeiten zuzubereiten. Auch hier gibt es Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Köchen: 42 Prozent der von Millennials zubereiteten Gerichte brauchen weniger als 10 Minuten, um ein fertiges Gericht auf den Esstisch zu zaubern – im Gegensatz zu 35 Prozent bei den Babyboomer-Gerichten. Interessant sind auch die immer kürzeren Vorbereitungszeiten: Mehr als 15 Minuten sollte sie nicht in Anspruch nehmen. Sieben von zehn Befragten planen ein Gericht noch am gleichen Tag.
Das Internet als Küchenberater
Längst liegen der Tablet-Computer oder das Smartphone neben dem Herd, um die einzelnen Arbeitsschritte nachzulesen. „Inspirationsquelle Nummer 1 ist für die kreativen Pragmatiker das Internet“, bestätigt Katja Popanda. „Die digitalen Medien helfen den Deutschen, das Kochen zu vereinfachen.“ 56 Prozent der Rezepte stammen von Websites, Youtube, Blogs oder Apps, bei den Millennials steht dieser Wert sogar bei 76 Prozent. Das fertige Gericht wird mit Freunden diskutiert und vielleicht per Foto geteilt. Selbstredend werden Zutaten immer öfter auch online gekauft: Immerhin 15 Prozent der Millennials nutzen bereits das Online-Angebot etablierter Supermärkte.
Überhaupt sind den Millennials Dogmen fremd. Sie wollen genießen, zeitoptimierend kochen – aber es soll auch gut für den Körper sein. Eine ausgewogene, gesunde Ernährung ist den Studienteilnehmern bei 21 Prozent der selbst zubereiteten Mahlzeiten „besonders wichtig“. Im Topf landet gerne mal ein kreativer Stilmix, der frische und fertige Zutaten lässig kombiniert.
Es zeigt sich ein Trend zu leichterer Ernährung: Fisch, Geflügel und Salat kamen bei den Befragten in letzter Zeit häufiger auf den Tisch, schwere Braten und mächtige Burger eher seltener. Jedoch bekennen sich knapp ein Viertel der Millennials auch dazu, wenig Freude am Schnippeln von Salat zu empfinden. Bei den Babyboomern behaupten dies hingegen nur 15 Prozent.
„Die Pragmatiker zeigen sich auch, wenn es um das Kochgeschirr geht“, sagt Nestlé-Marktforscherin Popanda. „‚One Pot-Dishes‘, bei denen alle Zutaten nach und nach in den Topf gegeben werden, sind immer beliebter und lassen sich auch schon mal zeitsparend aus der Schüssel essen.“ Da erscheint es nur konsequent, dass der asiatische Wok derzeit eine Renaissance in deutschen Küchen feiert: 2016 fand er sich bereits in fast jedem zweiten Haushalt, noch 2008 nur in knapp jedem dritten. Bequem und zeitsparend ist eben angesagt: Laut Studie vermeiden 18 Prozent der Befragten Gerichte, für die zu viele Töpfe und Pfannen gebraucht würden.
Essen verliert seine traditionellen Orte
Das Mittagessen ist tendenziell rückläufig, vor allem als warme Mahlzeit. 19 Prozent der „Millennials“ gaben an, dies immer seltener zu tun. Zum Vergleich: Bei den Babyboomern hat ein warmes Mittagessen nur bei 12 Prozent seinen traditionellen Tagesplatz eingebüßt.
So locker wie in der Küche geht es heute übrigens auch beim Essen zu: 36 Prozent aller Mahlzeiten finden gar nicht mehr am Esstisch statt, bei 38 Prozent wird nebenbei noch etwas Anderes gemacht – vielleicht die aufgezeichnete Folge der TV-Soap vom Vorabend geschaut oder die WhatsApp-Nachrichten aus dem Freundeskreis beantwortet.
Zeitsparend zubereiten: Von der Zutat bis zum Geschirr
Nicht gehetzt, aber auch nicht zu ausschweifend wird gegessen: Gerade einmal 23 Minuten dauert eine Mahlzeit in einem Haushalt in Deutschland noch. Eine weitere Erkenntnis der Nestlé-Studie: Da nicht alles perfekt sein muss, was auf den Tisch kommt, ist für 62 Prozent der Befragten das Nachwürzen kein Problem – sei es mit Salz, Pfeffer oder fertigen Soßen.
Das Fazit der Studie „So kocht Deutschland“: Der gesellschaftliche Wandel beeinflusst auch die Essgewohnheiten. Den Aufwand minimieren, das Ergebnis maximieren – kreatives Kochen wird kurzfristig und mit Hilfe digitaler Tools geplant, aber mit dem Blick für Geschmack und einen ausgewogenen Zutaten-Mix zeitsparend umgesetzt. Dabei werden frische Elemente und Convenience-Produkte pragmatisch kombiniert. Gegessen wird gerne dort, wo es gerade am besten passt. Auch das ist pragmatisch – und kreativ.