Noch in den 1950er-Jahren gab es den Braten nur sonntags, Wurstwaren kamen seltener aufs Brot. Fleisch galt damals als Delikatesse, als etwas Besonderes. Heute hat Fleisch seinen Wert verloren. In Massen produziert und verzehrt löst es sogar Probleme aus: hoher Flächenverbrauch, teure Futtermittel, starke Umweltbelastung. 70 Prozent der in den USA jährlich verbrauchten Antibiotika gehen in die Viehzucht, gut 15.000 Liter Wasser werden benötigt, um ein Kilo Rindfleisch herzustellen. Dennoch verlangen die Menschen nach Fleisch, vertrauen dem Slogan: „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“. Wie lässt sich das Dilemma der weltweit steigenden Nachfrage lösen?
Das Fleisch der Zukunft
Für viele ist heute schon das Fleisch der Zukunft ein selten verzehrtes Genusserlebnis: als Flexitarier ernähren sich diese Personen überwiegend fleischlos, gönnen sich ab und zu jedoch mit Genuss ein Stück Fleisch. Und manche Verbraucher verzichten schon heute freiwillig ganz auf Fleisch: Die Zahl der Vegetarier und Veganer steigt seit Jahren. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, kurz DGE, empfiehlt eine deutlich geringeren Fleischkonsum, als häufig üblich: Maximal 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurstwaren sollten wöchentlich auf den Tisch kommen.
Für alle, die nicht auf ihr Fleisch verzichten, beziehungsweise ihren Konsum nicht zumindest einschränken möchten, könnte eine passende Alternative in Zukunft In-vitro-Fleisch sein. Und ab und zu könnte sich jeder weiterhin ein klassisches Stück Fleisch gönnen. Bereits 2014 gelang es Wissenschaftlern, wertvolles Rindfleisch aus Stammzellen zu züchten. Schmeckt es so gut wie normales Fleisch, steht seinem weltweiten Siegeszug kaum etwas im Wege – zumindest unter ökologischen Gesichtspunkten. Aber: Verbraucher müssen auch dazu bereit sein, Innovationen wie In-vitro-Fleisch eine Chance zu geben. Viel zu häufig verstricken wir uns noch in alten Denkmustern.
Es bleiben noch wenige Fragen offen: Schmeckt das Laborprodukt und nehmen die Verbraucher das neue Lebensmittel an? Wird es damit schnell zur weit verbreiteten Alternative zu traditionellem Fleisch?
In-vitro Fleisch muss schmecken
Was hilfreich wäre: Wenn die Eigenschaften von In-vitro-Fleisch, wie Geschmack, Konsistenz und Haltbarkeit, denen von normalem Fleisch entsprechen würden. Und die hohe Verfügbarkeit und ein niedriger Preis sichergestellt sind. Natürlich müsste die Herstellung klar geregelt sein, denn nur dann können sie sich sicher sein, ein leckeres und zugleich hochwertiges Produkt einzukaufen. Ein Produkt, das dieselben Nährwerte wie herkömmliches Fleisch aufweist. Ein Lebensmittel, das gut schmeckt und sich in Marinade auf dem Gasgrill genauso fein macht wie als gebratenes Ribeye-Steak in der Pfanne.
Wir sind eine Spezies, die ihr Fleisch einfach liebt. Ohne geht es nicht. Aber warum sollte sich diese Passion nicht auf In-vitro-Fleisch übertragen lassen? Vielleicht heißt es dann schon bald: „In-vitro-Fleisch ist ein Stück Lebenskraft.“